Mit Achtsamkeitsübungen gegen die Depression ankämpfen
Wer an Depressionen leidet, hat oft das Gefühl, dass dieser psychischen Erkrankung etwas Verwerfliches anhaftet. Als würde man durch sie als schwaches Mitglied der Gesellschaft abgestempelt werden. Depressionen sind aber keine singuläre Erscheinung, für die man sich als Betroffene oder Betroffener schämen sollte, sondern vielmehr eine weitverbreitete Volkskrankheit. Neueste Studien zeigen, dass in Deutschland jede fünfte Bürgerin bzw. jeder fünfte Bürger im Laufe seines Lebens an einer Depression erkrankt. Eine Depression kann also jeden Menschen betreffen – es ist also an der Zeit, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Egal, ob man selbst an dieser Krankheit leidet oder nicht.
Woran erkenne ich, dass ich eine Depression habe?
Jeder Mensch durchlebt Tage, an denen es schwerfällt, positiv zu denken. Vor allem in der kalten und dunklen Jahreszeit macht sich bei vielen Schwermut bemerkbar und negative Gedanken nehmen überhand. Kurze Phasen der Trübsinnigkeit sind aber noch keine Depression. Wenn depressive Verstimmungen jedoch zunehmen und über einen längeren Zeitraum andauern, kann das für eine depressive Erkrankung sprechen. Folgende Hauptsymptome hat die Deutsche Depressionshilfe als Diagnosemarker für eine Depression definiert:
- Das Gefühl der inneren Leere und die Unfähigkeit, die eigenen Gefühle wahrnehmen zu können
- Eine ausgeprägte Interessens- und Freudlosigkeit an Dingen, die früher einmal für einen wichtig waren
- Ein akuter Antriebsmangel, der selbst die Erledigung alltäglicher Dinge wie Einkaufen oder Aufräumen erschwert oder unmöglich macht
- Eine schnelle Ermüdbarkeit bzw. eine anhaltende Müdigkeit
Wie werden Depressionen behandelt?
Hat man die Diagnose Depression erhalten, so geht damit auch immer ein vorgegebener Heilungsansatz einher. Viele Ärztinnen und Ärzte verschreiben beispielsweise Antidepressiva, um den Betroffenen aus ihrer negativen Gedankenwelt zu helfen. Zudem wird meist ein Therapieplatz gesucht, um die Depression in einem psychotherapeutischen Umfeld zu behandelt. Um die Wartezeit auf einen Therapieplatz zu überbrücken oder sich nicht allein auf eine medikamentöse Behandlung zu stützen, suchen immer mehr Menschen nach ergänzenden Therapiemethoden. Hier können Achtsamkeitsübungen der richtige Ansatz sein.
Was sind Achtsamkeitsübungen?
Unter dem Begriff Achtsamkeitsübungen versteht man verschiedenen Techniken, die dabei helfen, Gedanken und Gefühle anzunehmen. Durch sie erlernt man, das Hier und Jetzt sowie das eigene Ich bewusst wahrzunehmen. Das führt zu einer achtsamkeitsbasierten Stressreduktion und so auch dazu, dass Körper und Geist wieder in Einklang kommen.
Wie wirken Achtsamkeitsübungen bei Depressionen?
Viele an einer Depression Erkrankte beschreiben ihren inneren Zustand als eine andauernde Abwärtsspirale, aus der sie keinen Ausweg finden. Durch Achtsamkeitsübung kann man trainieren, im Moment präsent zu sein und das Hier und Jetzt ohne Ablenkung durch störende Gedanken anzunehmen. So gelingt es, Distanz zwischen sich und seinen negativen Emotionen zu schaffen und aus dieser heraus, ungesunde Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen und zu überdenken.
Welche Achtsamkeitsübungen helfen am besten bei Depressionen?
Verschiedene Achtsamkeitstrainings bieten sich an, um bei der Überwindung einer depressiven Erkrankung zusätzlich zu unterstützen. Folgende drei Achtsamkeitsübungen sind besonders wirksam und sehr gut für Anfängerinnen und Anfänger geeignet:
1.Die Gehmeditation
Die Gehmeditation hat ihren Ursprung im jahrtausendealten Zen-Buddhismus. Diese Achtsamkeitsübung wird im Gegensatz zu gängigen Meditationsmethoden nicht im Sitzen durchgeführt, sondern im Gehen. Um sie durchzuführen, brauchst du keinerlei Vorbereitung und auch kein Vorwissen. Wichtig ist nur, genug Zeit einzuplanen und eine Strecke zu gehen, die frei ist von Ablenkungen. Wie diese Form der Meditation genau durchgeführt wird, erfährst du in unserem Beitrag zu Gehmeditation.
2. MBSR
Diese achtsamkeitsbasierte Therapie wurde vom MIT-Absolventen und Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn entwickelt. MBSR steht für Mindfulness-Based Stress Reduction. Hinter diesem langen Namen versteckt sich ein Programm, das mittels der Entspannungstechnik des Body Scans und verschiedenen Formen der Meditation zu einer achtsamkeitsbasierten Stressreduktion führt. MBSR ist klinisch anerkannt und gilt unter Expertinnen und Experten als erfolgsversprechender als die progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder autogenes Training.
3. MBCT
MBCT steht für Mindfulness-Based Cognitive Therapy. Dabei handelt es sich um eine achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie, die Jon Kabat-Zinns Programm der Mindfulness-Based Stress Reduction mit anderen Achtsamkeitsmeditationen kombiniert. Das achtwöchige, in Gruppen durchgeführte Programm wurde von John D. Teasdale, Zindel V. Segal und Mark G. Williams entwickelt und leitet sich direkt aus Forschungsergebnissen zum Rückfallgeschehen von affektiven Störungen, zu denen auch Depressionen zählen, ab. MBCT ist somit die perfekte Achtsamkeitsmethode für die Rückfallprävention.
Worauf sollte man bei Achtsamkeitsübungen zur Depressionstherapie achten?
Zuallererst ist festzuhalten, dass Achtsamkeitsübungen kein Ersatz für eine medizinische Behandlung von Depressionen sind – sie sind eine wichtige und wirksame Ergänzung. Die Integration von achtsamen Methoden in die Therapie ist jedoch für depressive Menschen nicht einfach. Sollte deren Durchführung für Betroffene überfordernd sein, so empfiehlt sich eine Anleitung durch eine Therapeutin oder einen Therapeuten – zumindest am Beginn.
Achtsamer Zugang für Angehörige
Achtsamkeitsübungen sind aber nicht nur für die Betroffenen von Depressionen empfehlenswert, sondern auch für deren Angehörige. Eine psychische Erkrankung ist schließlich belastend – auch für das Umfeld. Einen Menschen, der einem nahesteht, so antriebslos und traurig zu sehen, ist schwer und löst beim Umfeld häufig Hilflosigkeit, Frustration oder Wut aus. Durch Achtsamkeit lernen Freunde und Familie der Erkrankten bzw. des Erkrankten mit der schwierigen Situation umzugehen. Gerade in Zeiten von langandauernden depressiven Episoden kann das Umfeld von Achtsamkeitsübungen profitieren, denn man nimmt sich Zeit für die eigene Gefühlswelt. So lernt man wieder, auf die Signale des Körpers zu hören und die Grenzen der eigenen Belastbarkeit zu erkennen.
Ist Achtsamkeit eine Alternative zu Antidepressiva?
Im Zuge einer Metaanalyse haben amerikanische Forscher 2010 festgestellt, dass sich die Symptome von an Depressionen leidenden Menschen durch die achtsamkeitsbasierte Stressreduktion und die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie verbessert haben. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch ein Forscherteam rund um Psychologin Clara Strauss von der University of Sussex und ebenso Psychiater Willem Kuyken von der University of Oxford. Dennoch können Achtsamkeitsübungen allein niemanden von Depressionen heilen. Sie sind aber, wie eine Vielzahl an Forschungsergebnissen belegen, eine wichtige Ergänzung zu einer psychiatrischen Behandlung der Patientinnen und Patienten.
Achtsamkeit als Überbrückung bis zur Therapie oder als Therapieergänzung
Wer akut eine depressive Episode durchlebt, ist auf einen Therapieplatz angewiesen. Auf diesen wartet man jedoch meist einige Monate, denn allein in Deutschland besitzen nur circa 9.000 Psychotherapeutinnen und -therapeuten eine Kassenzulassung. Ihnen gegenüber stehen über 5 Millionen Frauen, Männer und Kinder, die an psychischen Erkrankungen leiden. In Deutschland hat die Krankenkasse den Nutzen von Achtsamkeit für depressive Menschen erkannt und übernimmt daher bis zu 80% der Kosten für Stresspräventions-, Yoga- oder Achtsamkeitskurse. Wenn du zurzeit auf einen Therapieplatz wartest, dann informiere dich bei deiner Krankenkasse über die Kostenübernahme von Achtsamkeitstrainings.
Mögliche Nebenwirkungen von Achtsamkeitsübungen bei einer Depression
In der Theorie geht es bei Achtsamkeitsübungen darum, negative Gedanken zu akzeptieren, in der Praxis kann dies für ungeübte Menschen jedoch schwer sein. Vor allem dann, wenn einen die Depression nur schwer aus der negativen Gedankenspirale ausbrechen lässt. Meditieren kann dann die Neigung zum Grübeln verstärken. Übe dich daher in Achtsamkeitsmethoden, die dir liegen: Fällt dir zuhause schnell die Decke auf den Kopf, so ist vielleicht eine Gehmeditation in der Natur der richtige Ansatz für dich. Fühlst du dich beim alleinigen Meditieren einsam, so gibt es Kurse, in denen du Achtsamkeit in der Gruppe erlernst. Welche Methode am besten zu dir passt, weißt nur du. Vielleicht findest du hier einen Workshop, der für dich der richtige ist.
Achtsamkeitsübungen bei Depressionen: Mitgefühl dir selbst gegenüber entwickeln
Achtsamkeitsübungen können dir dabei helfen, aus deiner negativen Gedankenwelt auszubrechen. Das ist jedoch besonders dann schwer, wenn du an einer Depression erkrankt bist. Achtsamkeit in den Alltag zu integrieren, dauert und während der Meditationsphasen abzuschweifen, ist ganz natürlich. Sei also nicht allzu streng zu dir selbst – denn achtsam zu sein heißt nicht nur, deinem Umfeld wertfrei zu begegnen, sondern auch dir selbst.
Mitgefühl sich selbst gegenüber zu empfinden, ist schwer. Genauso den Alltag achtsam zu leben. Wir veranstalten jedoch Kurse und Workshops, in denen wir dir Methoden an die Hand geben, die dir dabei helfen, achtsam zu sein. In einem unserer Seminare kannst du zum Beispiel Resilienz erlernen und so den Widrigkeiten des Lebens aus dem Weg zu gehen und an ihnen zu wachsen.
Unser gesamtes Angebot an achtsamen Seminaren und Workshops findest du hier: